Sprachliche Barrieren erlebten die Mitglieder der Feldmusik Seewen anlässlich ihres Pfingst-Ausfluges nach Berg en Dal/NL praktisch keine. Mit Deutsch schlägt man sich ziemlich weit durch, zur Not helfen auch Englisch, Französisch, Chuderwälsch, Hände und Füsse. Auch die Musikantinnen (dieser Ausdruck existiert in nederlands übrigens nicht!) und Musikanten der Muziekgezelschap Fanfare Edelweisz - dem organisierenden Verein - gaben sich alle Mühe, damit sich die Schweizer Gäste verstanden und vor allem wohl fühlten. Und wenn man den schwyzerdeutschen Ausdrücken jeweils ein «-tje» anhängt, kann man schon fast eine Konversation führen.
Andersherum musste Dirigent Alex einsehen, dass sein Nachname tatsächlich überall ausserhalb des Bündnerlandes für Verwirrung sorgt. Mit «Majtzen», «Müller», «Meier» oder «Meister» wurde er proklamiert. Als ihn Edelweisz-Präsident Freek Houterman zum Schluss des Wochenendes bei der Präsent-Übergabe mit den Worten «Alex, die Flasche» zu sich beorderte, fühlte sich der Taktstockschwinger aber doch etwas pikiert. Die sich vor Lachen auf der Bühne krümmende Schar Seebner konnte erst wieder beruhigt werden, als sich das Missverständnis klärte. Alex wusste anschliessend, dass der Präsident ihm eine (belgische Starkbier-)Flasche überreichen wollte und der Präsident selber verstand danach, dass sich die Seebner nicht etwa darüber amüsiert hätten, weil es «nur» eine Flasche war.
Das Abenteuer «Pinksteren 2005» startete für die Feldmusik Seewen bereits am frühen Donnerstagabend, feierte doch der Fähnrich seinen 75. Geburtstag und wurde selbstverständlich mit einem Ständli beglückwünscht. Nach einem Apéro sowie dem Gepäck- und Instrumenten-Verlad startete der Reisecar gegen 21 Uhr seinen Motor. Destination: Amsterdam-Zentrum. Trotz einer unerwarteten Umleitung kurz vor Luxemburg verlief die Fahrt problemlos. Videos, ausgeprägte Steh-Apéros oder tiefgründige Diskussionen dienten als Zeitvertreib. Nach einem gesetzlich vorgeschriebenen Zwischenhalt in den unendlichen Weiten Belgiens kehrte schliesslich für einen kurzen Moment Ruhe ein. Doch Tiefschlaf war für die meisten zu diesem Zeitpunkt ein Fremdwort.Im Herzen Amsterdams angelangt, zeigte sich die ganze Reise-Gesellschaft plötzlich wieder hellwach und freute sich auf einen Tag, der zur freien Verfügung stand. Die verschiedenen Gruppen zogen los, um die holländische Metropole zu erkunden. Sei es das kulinarische Angebot, die Museen, die Kaffee-Häuser oder die Stadt selber, vom Boot aus während einer Grachtenfahrt. Viel Gesehenes hinterliess bleibende Eindrücke. Etwa die schmalsten Häuser der Stadt, in welchen ein kräftig gebauter Blechbläser wohl kaum Platz finden würde oder dreistöckige Parkhäuser, die ausschliesslich Velos zu Verfügung stehen. Die Sache mit den Velos ist ohnehin schwer zu beschreiben. Überall sind sie. Aber wirklich überall. Und wenn sie geklaut werden, was ja öfters passiert in Amsterdam, können sie am selben Tag auf dem Flohmarkt zurück gekauft werden.
Um 18 Uhr setzte sich der Car wieder in Bewegung und fuhr uns in südöstlicher Richtung von Amsterdam nach Berg en Dal. Da der erwartete Stau glücklicherweise in Amsterdam wie auch in Nijmegen ausblieb, traf die Gesellschaft mit nur geringer Verspätung in Berg en Dal ein. Das Empfangskomitee war bereits vor Ort und so wurde die unterdessen angemüdete Reisegruppe herzlich begrüsst. Schnell bezog man die Unterkünfte (Hotel, Gastfamilien, Pfarrhaus), denn eine knappe Stunde später war bereits der offizielle Empfang, inklusive Bürgermeister, vorgesehen. Edelweisz spielte ein Ständli, kurze und amüsante Reden wurden gehalten und die allgemeine Festlaune vermochte die Müdigkeit zu übertrumpfen. Bereits am ersten Abend musste das letzte Grüppchen nach Feierabend gebeten werden, das Gemeinschaftshaus Kerstendal nun doch auch langsam zu verlassen.
Am Samstagmorgen war für 11 Uhr eine gemeinsame Probe einberufen, denn am abendlichen Konzert würden beide Vereine gemeinsam zwei Stücke präsentieren. Edelweisz wählte mit «Leontopodium», wie uns später bewusst werden sollte, einen echten Ohrwurm, während Seewen sich für «West Side Story» entschied. Alex Wiehiessernochgleich wurde die Ehre zuteil, diese gemeinsame Probe zu leiten. Ein sehr hoher Dezibel-Gehalt lag in der Luft. Dies mag wohl zu gleichen Teilen an den Fortefortissimo-Freuden unserer holländischen Gschpändli, wie auch an der ganz speziellen Akustik des Saales gelegen haben. Es war sehr, sehr laut und Alex benötigte sein ganzes diplomatisches Geschick, um die Blechbläser auf diesen Umstand aufmerksam zu machen. Mit Erfolg, wie wir weiteren Verlauf des Wochenendes feststellen durften.
In Holland wird immer und überall Kaffee getrunken. So auch nach dieser Probe. Anschliessend fuhr uns unser Chauffeur Urs mit seinem Car in die benachbarte Stadt Nijmegen (unter anderem bekannt für den jährlich im Juli stattfindenden Vier-Tage-Marsch). Organisator Jan Janssen (in Schwyz hiesse er wohl Heinz Heinzer) hüllte sich über den Rest allerdings in Schweigen, schliesslich war ein Überraschungs-Ausflug angesagt. In zwei Gruppen aufgeteilt, folgten wir unserem deutschsprachigen Leiter, der uns viel über die Stadt Nijmegen zu Römerzeiten erzählen konnte. Da die Uhrzeit Mittag bereits überschritten, schätzte sich glücklich, wer noch Schokoladen-Kuchen aus Amsterdam als Proviant dabei hatte.
Nach der Führung blieb noch genügend Zeit, die schöne Stadt Nijmegen auf eigene Faust zu besichtigen, bevor's dann mit dem Boot weiterging. Die Fahrt auf dem «Waal» - so heisst das Teilstück des Rheins in der Region Nijmegen - erwies sich als sehr gemütlich. Auch wenn das Wetter nicht ganz mitspielte und somit die Kleinformation der Fanfare Edelweisz zwang, kurzerhand im Schiffsinneren zu konzertieren. Dies wiederum war nur förderlich für die gute Stimmung und die Seebner hatten einen weiteren Ohrwurm ausgemacht: «Het Land van Maas en Waal» von Boudewijn de Groot war bereits in den 70er-Jahren ein Hit und verfolgte uns abwechslungsweise mit der Triomelodie von «Leontopodium» übers ganze Wochenende. In ganz argen Fällen sogar noch unter der Dusche.
Als nach der Bootsfahrt unser Jüngster aus polizeilicher Hand erfahren musste, dass in-den-Wald-Brünzeln in Holland nicht sonderlich gerne gesehen wird, brachte der Car die Seebner und Berg en Dalse Musikerinnen und Musiker zurück ins Dorf, denn die Zeit war knapp. Wir waren nun bereits etwa 24 Stunden vor Ort, höchste Zeit für ein Konzert also. Den Anfang machte Edelweisz, anschliessend durfte die Feldmusik Seewen ein gut dreiviertelstündiges Programm darbieten. Ganz bewusst verzichteten wir dabei auf jegliche Schweizer Folklore - was uns das Publikum dankte. Nicht etwa, dass man in Berg en Dal schweizfeindlich oder intolerant gegenüber fremder Traditionen wäre, im Gegenteil. Doch nach 22 Jahren Pfingst-Besuchen aus unserem Land sind auch die Leute in Berg en Dal mit Schottisch und Juuzen sehr wohl vertraut. Eine willkommene Abwechslung für die Zuhörerschaft war deshalb der Auftritt der mitgereisten Showgruppe des Tambourenvereins Schwyz. Was die vier bis fünf Jungs auf ihren Trommeln und Pauken boten, versetzte den ganzen Saal in Begeisterung. Schläge von akkurater Präzision, wirbelnde Stöcke und ein stets sympathisches Grinsen liessen das Publikum Zugaben fordern.
Nach diesen Konzerten übernahm das DJ-Duo «Janssen en Jansen» die Bühne und unterhielt den Saal mit flotter Musik ab Konserve. Dazwischen folgte ein spontaner Auftritt der Blaskapelle «horst!», bei dem unser Aushilfs-Fähnrich Gugi mit seinen noch viel spontaneren Fahnenschwing- und Juuz-Einlagen doch noch für ein bisschen Schweizer Volkstümlichkeit sorgte. Um 2 Uhr morgens war offiziell Schluss im Gemeinschaftszentrum Kerstendal, doch wer noch nicht ins Bett wollte, fand Möglichkeiten zum Verweilen. Sei es mit Singen oder einem nachmitternächtlichen Wellness-Bad im Hotel-Hallenbad.
Spätestens am frühen Sonntagmorgen machte sich das Schlafmanko bei den meisten Teilnehmenden bemerkbar. Eine Messe mit musikalischer Umrahmung zweier FMS-Ensembles war angesagt und manch' eine und einer war froh über die anschliessende «Koffie-Tafel». Vorgesehen wäre danach eigentlich Marschmusik durchs Dorf und ein weiteres gemeinsames Konzert auf der Hotel-Terrasse gewesen. Leider aber musste hierbei wegen schlechten Wetters umdisponiert werden. So gaben beide Vereine und die Tambouren nochmals ein Konzert in dem uns mittlerweile bestbekannten Kerstendal-Saal. Dirigent Alex Maissen (ah ja, genau) zeigte sich positiv überrascht über die musikalische Qualität dieses Auftritts, waren doch so manche Seebner unterdessen schon arg von der Müdigkeit gezeichnet. Es folgte eine lukullische Spezialität der Holländer: Pfannkuchen für alle. Lekker! Am Sonntagnachmittag bot sich dann erstmals die Gelegenheit, das malerische Dorf Berg en Dal eigenständig auszukundschaften. Dies taten die meisten dann auch, alle auf ihre eigene Art und Weise.
Am Sonntagabend gab's leider bereits ein letztes Antreten. Zwar ohne Instrumente, denn die waren bereits im Car verstaut. Noch einmal lud Edelweisz zu einem gemütlichen Tanzabend in Kerstendal und die Band «Canopy» mit ihrer Sängerin, der holländischen Antwort auf Nella Martinetti, vermochte auch vermehrt jungendliches Publikum anzuziehen. Noch einmal wurde getanzt, gesungen, die restlichen Jetons aufgebraucht und so weiter, denn der Morgen des Abschieds nahte.
Nämlich am Montag um 8 Uhr. Dank einer schnellen und ruhigen Fahrt unseres souveränen Chauffeurs trafen wir gegen 19 Uhr wieder in Seewen ein und gingen glücklich und zufrieden nach Hause.
Das Pinkster-Weekeinde in Berg en Dal wird wohl allen Teilnehmenden in bester Erinnerung bleiben. Wir können den Organisatoren gar nicht genug danken, uns hat es während dieser Tage an rein gar nichts gefehlt.